Es gibt Tage, an denen werden Lebensplanungen zu Makulatur. Tage, an denen Wege plötzlich zu Ende gehen, an denen wir die Richtung wechseln müssen, ob wir wollen oder nicht.
In der ARD-Reihe „Der Tag als…“ erzählt der Hessische Rundfunk Geschichten von Menschen, die ihr Leben im Fokus dieses besonderen Tages sehen. Dramatische und anrührende Geschichten, in denen ein Leben aus der sicher geglaubten Bahn gerissen wird oder umgekehrt: in denen eine schier aussichtslos erscheinende Situation sich plötzlich zum Guten wendet.
Die Geschichte von Esma und Hülya zum Beispiel.

Es ist ein sonniger Tag im Jahr 2002, in der Nähe der Stadt Adana, im Süden der Türkei. Esma, 18, steht kurz vor der Hochzeit – mit einem älteren Mann, den sie nicht will.

Esma wurde in Deutschland geboren und wuchs im Schwarzwald auf. Sie war erst 12, als ihre Mutter sie unter dem Vorwand einer Urlaubsreise in die Türkei lockte, um sie auf den „rechten Weg“ zu bringen. 4 Jahre lebte sie in einer Koranschule, war Tag und Nacht eingesperrt. In der Schule mussten die Mädchen auch nachts das Kopftuch tragen, und jeden morgen um 3 Uhr wurden sie geweckt, für das erste Gebet. Eine fremde Welt für ein Mädchen aus Deutschland.

Die Dokumentation von Rita-Knobel-Ulrich erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die am Widerspruch von Tradition und Freiheit zu zerbrechen droht. Es ist eine exemplarische Geschichte, und in diesem besonderen Fall hat sie ein gutes Ende.

Esmas ältere Schwester Hülya ist gekommen, um bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen. Das hat sie ihren Tanten gesagt. In Wahrheit aber hat sie längst alles vorbereitet für eine dramatische Flucht. „Der Tag, als ich meiner Hochzeit entkam“ ist ein Film, der ein Stück deutscher Gegenwart schildert: am Konflikt zwischen archaischer Tradition und selbstverständlicher Freiheit zerbrechen viele Emigrantenfamilien, und manche Deutschtürkinnen bezahlen ihren Wunsch nach Selbstbestimmung mit dem Leben.

Esma und Hülya hatten Glück: In ihrem Fall war es nur die Mutter, die das Gesetz des Korans durchsetzen wollte, den Koran, wie sie ihn versteht. Der Vater, seit den 90er Jahren von seiner Frau geschieden, hat eine liberalere Auffassung von der Religion und dem Leben. Und dennoch: Für Esma und Hülya ist nichts mehr wie vorher. Sie haben ihre Familie für immer verloren.