Auch Priester sind ganz normale Männer: Wird ihre Freundin schwanger, verdrücken sie sich, raten ihr zur Abtreibung, verweigern den Unterhalt.

Doch – würde der Priester sich zu Frau und Kind bekennen, verlöre er den Job. Der Druck setzt sich bei den Kindern fort. Auf den Priesterkindern lastet ein Makel, ein Geheimnis. Sie müssen sich im Kindergarten und der Schule hänseln lassen, weil sie keinen Vater haben oder wachsen mit Angst und Lügen auf. Denn kennen sie den Vater, müssen sie ihn verstecken.

Zum Beispiel Veronika: in der Grundschule befahl ihr die Lehrerin, nicht über ihren Vater zu sprechen. Im Dorf wusste jeder, wer ihr Vater war. Alle tuschelten hinter vorgehaltener Hand: Veronika war eine Außenseiterin.

Auch für die Kirche war die Sache klar: Ihrer Mutter warf der Bischof vor, sie sei selber schuld an ihrem Schicksal. Nur wenn sie verspreche, den Priester nie wieder zu sehen, sei die Kirche bereit, Alimente zu zahlen.

Veronikas Vater selbst tauchte ab und zu mal auf, doch bei gemeinsamen Spaziergängen löste er schnell seine Hand aus der ihren, weil er Angst hatte, Gemeindemitglieder könnten ihn sehen. Bis heute wissen die Verwandten des Vaters nicht von ihrer Existenz.

Veronika ist abgestoßen von dieser doppelten Moral: Kirche, die von Kindern als Geschenk Gottes spricht, heimliche Priesterfrauen aber unter Druck setzt, den Mann “ in Ruhe zu lassen “, Priester, die am Altar von der Sünde der Abtreibung sprechen, aber ihren Frauen zur Abtreibung raten, die offiziell vom Segen sprechen, den Kinder bedeuten, aber bei ihren eigenen Kindern allenfalls als Onkel in Erscheinung treten. Der Druck lastet ein Leben lang auf den Priesterkindern: Sie sind die Opfer dieser heimlichen Beziehungen.

NDR-Reporterin Rita Knobel-Ulrich hat mit Priesterkindern gesprochen, die sich outen und über ihre Nöte offen reden. Aber auch die heimlichen Kinder kommen zu Wort, anonym, weil sonst das fragile Beziehungsgefüge zusammenbricht und der Vater seinen Job verliert und die Mutter den Unterhalt. Priesterkinder sind eines der bestgehüteten Tabus der katholischen Kirche, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf.