Am Wochenende zuckeln sie mit Mini-Trolley und Plüschtier-Rucksack über Flughäfen und Bahnhöfe – Kleine Pendler auf dem Weg zu Mama oder Papa. Über drei Millionen Kinder in Deutschland leben bei allein erziehenden Müttern, manchmal auch Vätern, jede 2. Ehe wird geschieden. Nach der Scheidung bleiben Mutter und Vater selten am gleichen Ort. Ein neuer Job, eine neue Liebe, und schon trennen hunderte Kilometer die einst intakte Familie. Aus Angst, dass sie den geliebten Vater gar nicht mehr sehen, nehmen die Kinder in Kauf, dass sie am Wochenende nicht mit dem Kumpel Fußball spielen oder ins Schwimmbad können, sondern in überfüllten Fliegern oder Zügen hocken – Freitags zu Papa, sonntags zurück zu Mama. Tapfer tragen sie die Konsequenzen aus dem Scheitern der Ehe ihrer Eltern.
Die Reportage begleitet den sechsjährigen Vielflieger Nikolai aus Lübeck, der an jedem 4. Donnerstag seinen Rucksack packt. Am Freitag nach der Schule fliegt er dann von Hamburg aus zu Papa nach Stuttgart. Die neunjährige Jennifer macht sich per Bahn auf die 400 Kilometer lange Tour zu ihrem Vater und Geschwister aus Berlin fahren zu Papa nach Süddeutschland.
Blöd finden sie die Reiserei, erzählen sie. Und sie sind traurig, dass die Eltern nicht mehr zusammenleben wollen, aber daran könnten sie ja nichts ändern….
Nikolai sitzt zwischen abgehetzten Geschäftsleuten, das Namenschild um den Hals, von der Stewardess mit Malstiften versorgt. Jennifer aus Stuttgart, Max und Till aus Berlin dürfen an „ Vater – Wochenenden“ früher aus der Schule weg, damit sie den „Kinder-IC“ der Bahn erreichen. Hausaufgaben erledigen die Kinder schnell im Zug. Die Begleiter der Bahnhofsmission haben Spiele dabei, können zuhören und trösten. Sie passen auf, dass kein Kind verloren geht, liefern es beim Papa ab und nehmen es Sonntagnachmittag wieder in Empfang, wenn es zurück geht zu Mama. Oft sind die Züge verspätet und die Kinder erst spät abends wieder zu Hause. Patchwork – Familien, Vielflieger-Kinder und kleine Bahncardbesitzer: Das klingt locker, weltoffen und weitgereist. Doch die meisten Kinder würden darauf gern verzichten und am liebsten nur in einer Welt wohnen – bei Mama und Papa.
